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Soziale Arbeit

Jugendkommission zu neuem Leben erwacht?

Nach zwei Jahren des Unterbruchs ist die Kommission für Jugendfragen Basel Stadt (JuKo) Mitte 2012 erstmals wieder vom Vorsteher des Erziehungs­departments Basel-Stadt, Herrn Regierungsrat Dr. Eymann, zu einer Sitzung einberufen worden. Sie ist in der Folge zwei Mal, nämlich am 14.06.2012 und am 15.11.2012, zusammengekommen und hat sich mit Themen der offenen Kinder- und Jugendarbeit befasst.

Mit der Reaktivierung der JuKo ist der Weg zu einer konsensorientierten Meinungsbildung wieder frei gemacht – dies möglicherweise auch als ein Resultat des beharrlichen Nachfragens des Autors beim ED und seines Blogbeitrag: «Kommission für Jugendfragen im Kanton Basel-Stadt, Planungsinstrument oder Alibi?».


Es ist aber äusserst mühsam, auch nur grob Auskunft über die in der JuKo behandelten  Themen zu erhalten. Das ED tut sich schwer, Aussenstehenden Einsicht in die Traktandenlisten und Protokolle der JuKo zu gewähren. Und noch weist der Öffentlichkeitssprecher für den Bereich Familie, Jugend und Sport des ED den Vorschlag, Sitzungsdaten, Traktandenlisten und Protokolle analog zum Grossen Rat auf dem Internet zugänglich zu machen, in einer schriftlichen Beantwortung vehement von sich:

«Kommissionen (müssen) nicht  – wie es (dem Einsichtsuchenden) offenbar vorschwebt – von sich aus lückenlos über ihre Geschäftstätigkeit informieren. Die JuKo wäre somit […] auch nicht verpflichtet […], von sich aus über ihre […] Tätigkeit zu informieren […] und Sitzungsdaten, Traktandenlisten und Protokolle – sozusagen proaktiv – […] zu veröffentlichen.»

Doch nach anfänglicher Ablehnung ist das ED inzwischen bereit, auch die zum Protokoll gehörende Traktandenliste – neu sogar ohne die Erhebung von Gebühren – auszuhändigen. Denn: «Für das Verfahren auf Zugang zu Informationen werden in der Regel keine Gebühren erhoben.», heisst es im Paper «Informations- und Datenschutzgesetz – das Wichtigste in Kürze» (Erziehungsdepartement Basel-Stadt, Generalsekretariat, Abteilung Recht, 7. Mai 2012).
Beispiel: Traktandenliste vom 14.06.2012
Traktanden der Kommission für Jugendfragen vom 14.06.2012
Ob die in Traktandenliste und Protokoll vom ED mit Hinweis auf das Informations- und Datenschutzgesetz (IDG) vorgenommen Schwärzungen zu Recht erfolgen, ist kaum überprüfbar. Zum Ersten müsste jedes Mal innert 30 Tagen nach Zustellung beim ED eine einsprachefähige Verfügung angefordert werden, damit überhaupt gegen die Streichungen rekurriert werden kann. Zum Zweiten ist laut einem Schreiben des ED jedes Mal mit erheblichen Kosten zwischen 400 bis 700 Franken zulasten des Rekurrenten zu rechnen, sollte dieser im Rekursverfahren ganz oder teilweise unterliegen. Und zum Dritten ist es äusserst schwierig, etwas auf seine Rechtmässigkeit hin zu beurteilen und Argumente anzuführen, wenn einem – da von der Verwaltung geschwärzt – die Grundlage dazu nicht zugänglich ist.
JuKo_BS_Blog_Grafik_1-002
Es wirkt geradezu grotesk, wenn im Protokoll die Namen der im Staatskalender Basel-Stadt auf dem Internet aufgeführten Mitglieder der JuKo in der Anwesenheitsliste geschwärzt sind, zum Beispiel:
Protokoll der Jugendkommission vom 14.06.2012
Fraglich bleibt auch, ob bei den Voten die Namen der JuKo-Mitglieder zu Recht nachträglich geschwärzt worden sind. Die Mitglieder vertreten in der JuKo keine höchst persönliche und somit schützenswerte Meinung. Als gewählte Vertreter staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen im Bereich der Jugendhilfe ist es ihre Aufgabe, fachliche Argumente in die Diskussion einzubringen. Denn die Kommission für Jugendfragen Basel-Stadt soll eine «steuernde Rolle» übernehmen.[1]
Das ED schwärzt teilweise auch ganze Textpassagen, sodass nicht einmal mehr der zugrunde liegende Kontext erahnt werden kann. Dazu ein Beispiel:
Protokoll der Jugendkommission vom 14.06.2012
Die Verwaltung hat zwar die Möglichkeit, in einem Dokument gewisse Passagen – gegebenenfalls zeitlich beschränkt – als geheim oder vertraulich zu klassifizieren. Doch in den angeführten Beispielen war ein solcher Vermerk nicht angebracht. Hier befindet sich die Verwaltung möglicherweise im Widerspruch zu den eigenen Richtlinien:

«Die Verwaltung informiert umfassend. Informationen von Regierungsrat und Verwaltung enthalten alle Angaben, die zum Verständnis eines Sachverhalts oder für die freie Meinungsbildung notwendig sind. Es dürfen keine wesentlichen Sachverhalte ausklammert werden. Die freie und unverfälschte Meinungsbildung ist oberstes Ziel.»

Es bleibt dem Erziehungsdepartement resp. der JuKo zu wünschen, dass sie die freie Meinungsbildung als zentrale Grundvoraussetzung für eine dialogorientierte Demokratie anerkennen und fördern. Dazu gehört, dass die Verwaltung die Bevölkerung entsprechend dem Willen des Gesetzgebers transparent und umfassend informiert. Hier kann man beispielsweise von unseren deutschen Nachbarn lernen, die die Traktanden und Protokolle der Jugendhilfe-Ausschüsse – vergleichbar unserer Kommission für Jugendfragen – auf kommunaler, Kreis- oder Landesebene schon seit langem zur allgemeinen Bürgerinformation ins Internet stellen.

Autor: Marcel Borer

 

[1] Vgl. Konzept Offene Kinder und Jugendarbeit (2006)

 

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