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Soziale Arbeit

Urteil zwingt Jugendkommission zu mehr Transparenz

Nachdem die Jugendkommission Basel-Stadt unter der Leitung von Regierungsrat Dr. Christoph Eymann die Einsicht in die Traktandenliste der Sitzung vom 14. Juni 2012 verweigert hatte, ist das Appellationsgericht Basel-Stadt als Verwaltungsgericht zu einem gegenteiligen Schluss gekommen und hat am 1. März 2013 in seinem Urteil festgehalten:

In teilweiser Gutheissung des Rekurses wird das Erziehungsdepartement verpflichtet, dem Rekurrenten vollumfänglichen Einblick in die Traktanden­liste zur Sitzung der Kommission für Jugendfragen vom 14. Juni 2012 zu gewähren.

Das Appellationsgericht hat damit die Argumentation des Erziehungsdepartements zurückgewiesen, dass die «Bekanntgabe von Informationen an den Rekurrenten die freie Meinungs- und Willensbildung beeinträchtigt».1
Das Appellationsgericht hält dazu in seinen Erwägungen fest:

«Damit dieser Anspruch (Zugang zu den bei einem öffentlichen Organ vorhandenen Informationen) eingeschränkt werden darf, muss ihm im Einzelfall ein konkretes öffentliches Interesse entgegenstehen. Dabei reicht es nicht, dass sich die Behörde zur Verweigerung eines Auskunftsbegehrens pauschal auf eines der in § 29 Abs. 2 IDG genannten öffentlichen Interessen bezieht. Sie hat dieses Interesse darüber hinaus vielmehr zu konkretisieren und zu belegen (vgl. BVGE 2011/52 vom 7. Dezember 2011 E. 6.1.5).» […] «Vorausgesetzt (für die Verweigerung) ist dabei, dass die Offenlegung ein ernsthaftes Risiko einer erheblichen Beeinträchtigung des entsprechenden Interesses mit sich bringt.»2
«Die Vertraulichkeit von Dokumenten der Kommission für Jugendfragen kann sich daher aufgrund der Geltung des Öffentlichkeitsprinzips nur aus den allgemeinen, in § 29 Abs. 2 lDG konkretisierten öffentlichen Interessen ergeben. Dies gilt umso mehr, als die Pflicht zur Verschwiegenheit […] unmittelbar nur auf jene Mitglieder der Kommission Anwendung findet, die staatliche Institutionen vertreten, sodass sie zum vornherein nicht per se die Arbeit der Kommission bestimmen kann.»3
«Mit der Bekanntgabe eines Traktandums einer Kommissionssitzung […] wird offen gelegt, dass die Sitzungsleitung im Hinblick auf jene Sitzung die Diskussion über einen bestimmten Gegenstand vorgesehen hat. Mehr wird damit nicht offen gelegt.» […] «Es ist daher nicht ersichtlich, wie im Falle der Bekanntgabe der entsprechenden Traktanden die Kommissionsmitglieder unter ‹allzu starken Druck geraten› könnten und dadurch ihre freie Meinungs- und Willensbildung beeinträchtigt werden könnte.»4

Zur Darstellung des Erziehungsdepartements, die Behandlung der Traktanden sei nicht abgeschlossen und die freie Meinungsbildung der Kommissionsmitglieder würde durch die Bekanntgabe der Traktanden gefährdet, hält das Gericht fest:

«Die Information über Dokumente, die Auskunft darüber geben, dass sich die Behörden mit einem konkreten Gegenstand befassen, mag zwar Anlass dafür sein, dass auf diesen Gegenstand gerichtete Anliegen und Bedürfnisse öffentlich oder im direkten Verkehr mit den Behörden artikuliert werden. Dies erscheint aber an sich nicht als Beeinträchtigung der Meinungs- und Willensbildung. Vielmehr ist die schweizerische Politik seit je her offen auf die Berücksichtigung der öffentlichen Meinungen ausgerichtet, was etwa in der weiten Verbreitung der Einholung von Vernehmlassungen Ausdruck findet. Dem gleichen Zweck dient auch die Schaffung der Kommission für Jugendfragen als beratende Kommission des Regierungsrates. Der Umstand, dass eine Thematik des staatlichen Handelns in der öffentlichen Diskussion zur Sprache kommt und daraus eine öffentliche Auseinandersetzung entsteht, beeinträchtigt für sich allein die interne Meinungs- und Willensbildung der Behörden deshalb nicht. […] Eine solche Auseinandersetzung muss vielmehr gemeinhin als Normalfall angesehen werden.»5

Unmissverständlich Stellung genommen hat das Appellationsgericht auch zum Vorwurf des Erziehungsdepartements, der Rekurrent würde auf Grund der eingereichten Informationsgesuche zur Geschäftstätigkeit der Kommission für Jugendfragen deren Arbeit beschädigen und «das kollegiale Verhältnis und die Beratungen unter den einzelnen Kommissionsmitgliedern einerseits und zwischen der Kommission für Jugendfragen und den für die Geschäftserledigung zuständigen Organen anderseits gefährden.»6

«Soweit sich die Vorinstanz auf die bisherigen Auskunftsbegehren des Rekurrenten beruft, kann daraus allein offensichtlich nicht schon auf die Wahrscheinlichkeit eines Schadensrisikos im Falle der Gewährung des Zugangs zu einem amtlichen Dokument geschlossen werden. […] Die Geltendmachung eines – bestehenden oder nicht bestehenden – Rechts alleine belegt ein solches Schadensrisiko aber selbstredend nicht. Dies gilt umso mehr, als der Zugang zu einem Dokument nicht von persönlichen Merkmalen der gesuchstellenden Person abhängig gemacht werden kann und bei Gewährung des Zugangs einer Person grundsätzlich allen anderen Personen ebenfalls Zugang gewährt werden muss.»7

Nicht eingetreten ist das Appellationsgericht auf das Begehren des Rekurrenten um aktive Veröffentlichung der Traktandenlisten und Protokolle der Jugendkommission. Es hält dazu jedoch fest, dass der Antrag in der Sache abzuweisen gewesen wäre, da deren Inhalte nicht ausreichend von allgemeinem Interesse seien, um die Öffentlichkeit proaktiv darüber zu informieren.8

1 Vgl. Vernehmlassung des Erziehungsdepartements vom 1.11.2012, 9, S. 9
2 Vgl. Urteil Appellationsgericht VD.2012.153 vom 1. März 2013, 4.4.3.2, S. 9
3 ebd., 4.4.3.4, S. 10
4 ebd., 4.4.3.5, S. 10 f
5 ebd., 4.4.3.6, S. 11
6 ebd., 4.4.3.3, S. 10, vgl. auch Vernehmlassung des Erziehungs­departements vom 1.11.2012, S. 9
7 Urteil Appellationsgericht VD.2012.153 vom 1. März 2013, 4.4.3.7, S. 12
8 ebd., 4.2.2, S. 8

Dokumente: 

  1. Rekursschreiben an das Appellationsgericht Basel-Stadt vom 04.01.2013, Aktenzeichen VD.2012.153
  2. Vernehmlassung Erziehungsdepartement Basel-Stadt vom 1.11.2012, Aktenzeichen VD.2012.153
  3. Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, VD.2012.153 vom 1. März 2013

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